Datenhoheit, bitte!

Wer das Internet nutzt, erzeugt und hinterlässt Daten. Während die Informationen über einen Webseitenbesuch früher in Log-Files irgendwo im Dateisystem des Webservers verstaubten, sind sie heute die Währung des 21. Jahrhunderts. Services gegen Daten, so lautet das Geschäftsmodell von Google, Amazon und Co. Allerdings wird immer mehr Menschen klar, dass die ungehemmte Sammelwut negative Folgen haben kann und trauen dem Schutz ihrer Daten im Internet nicht mehr. Das ist das Ergebnis einer repräsentative Befragung zur digitalen Selbstbestimmung, die das Cologne Center for ethics, rights, economics, and social sciences of health (ceres) im Auftrag der Deutschen Telekom durchgeführt hat. Danach glauben 91 Prozent der Nutzer, dass im Internet unbemerkt auf persönliche Daten zugegriffen wird und 82 Prozent gehen davon aus, dass die meisten Unternehmen die Daten ihrer Kunden an andere Unternehmen weitergeben. Prof. Dr. Christiane Woopen, Direktorin von ceres und bis April Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, kommentiert das so: "Wir sehen ein großes Misstrauen der Internetnutzer, was den Schutz ihrer Daten betrifft".

Zugleich wünschen sich die Nutzer mehr Selbstbestimmung: 91 Prozent wollen wissen, welche persönlichen Daten über sie im Internet verfügbar sind und 88 Prozent wünschen sich eine persönliche Einflussnahme auf die Weiterverwendung ihrer Daten im Netz. Am sinnvollsten ist es natürlich keine oder so wenig wie mögliche persönliche Daten zu hinterlassen. Das ist schon mit einfachen Mitteln möglich, zum Teil zumindest. Wer mit offenem Visier und ohne Schutzmaßnahmen im Internet surft, hinterlässt verständlicherweise die breiteste Datenspur. Zwar ist völlige Anonymität sehr schwer zu erreichen und für einen Durchschnittsanwender auch überdimensioniert, doch mit ein paar Vorsichtsmaßnahmen bleiben weit weniger Daten im Netz hängen. Eine wichtige Maßnahme ist beispielsweise ein Virtual Private Network. Nutzt man ein VPN für Dienste, die keine Anmeldung erfordern, bleibt dem Dienstanbieter die Identität des Nutzers verborgen. Selbst wenn man sich beim Dienstanbieter mit seinem Namen registriert, ist zumindest die Strecke vom Endgerät bis zum Ende des VPN-Tunnels verschlüsselt und damit für den ISP unsichtbar.

Anscheinend sehen auch Internet-affine Anwender die Vorteile solcher VPN-Tunnel für das tägliche Surfen und Shoppen im Netz. Netflix beispielsweise versucht seit einiger Zeit, User auszusperren, die das Streaming-Angebot über einen VPN-Tunnel nutzen. Ob das im Sinne der AGB ist, sei dahingestellt, doch seit dem betreffenden Quartal konnte der Streaming-Anbieter deutlich weniger Neukunden vorweisen. Natürlich ist der VPN–Tunnel über einen kommerziellen Anbieter kein Allheilmittel für die Datensicherheit, der VPN-Betreiber kennt den Nutzer und gibt dessen Daten bei einer Anfrage von Regierungsstellen weiter. Doch das eigene Datenprofil wird über einen solchen Tunnel verringert.

Natürlich wäre es schöner, wenn die Unternehmen gar nicht erst so gierig auf die persönlichen Daten wären, oder zumindest transparenter machen würden, was über die Nutzer aufgezeichnet wird. Der Trend sieht aber anders aus, wie immer neue Datenschutzvorfälle zeigen, in denen umfangreiche Datensätze der Kunden auf dem schwarzen Markt auftauchen. Yahoo ist gerade das aktuellste Beispiel dafür. Umso positiver sind Bestrebungen in die andere Richtung zu werten. So will die Telekom die wesentlichen Informationen der Datenschutzhinweise in Zukunft auf nur einer Seite zusammenfassen. Zudem arbeitet das Unternehmen an einer Lösung, mit der Kunden auf einen Blick sehen können, welche Daten die Telekom über sie speichert und wie sie verwendet werden. Doch das Geschäftsmodell des 21. Jahrhunderts – Service gegen Daten – bleibt nach wie vor gültig. Für Datensparsamkeit muss jeder selbst sorgen.

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