Innovation – so das Klischee – kann sich auf unterschiedliche Arten vollziehen: Entweder in einer stetigen und inkrementellen Erneuerung oder disruptiv durch Schock. Diese zweite Form der Innovation birgt Risiken und Unsicherheiten, ändert Prozesse und Abläufe grundlegend und kann trotz oder gerade wegen ihrer Risiken zu hohen Gewinnen führen. Die Entwicklung der Digitalisierung in Deutschland durch die Corona-Pandemie ist Innovation durch Schock. Es lohnt sich Bilanz zu ziehen und – soweit möglich- zu bewerten, welche Auswirkungen auf die Digitalisierung zu beobachten waren. Es zeigt sich nämlich, dass die Pandemie den Blick auf Digitalisierung geschärft und in Richtung Nachhaltigkeit verschoben hat.
Seit März 2020 hat sich das Arbeiten für viele Menschen in Deutschland sehr verändert, ein Großteil der Arbeitnehmer war zumindest teilweise im Homeoffice. Und obwohl zwischenzeitlich durch Lockerungen und Entspannungen der pandemischen Lage Arbeitnehmer auch wieder in die Büros zurückgekehrt sind, hat das Corona-bedingte mobile Arbeiten zu einem Kulturwandel beigetragen, der nicht mehr zurückzudrehen ist. Auch insgesamt gibt es einen diversifizierten Blick auf die Digitalisierung der Gesellschaft. Digitalisierung ist kein Wert an sich, sie ist ein Querschnitt. Die Sicherheit digitaler Technik und Prozesse ist ein Thema, das auch im gesellschaftlichen Diskurs immer wichtiger wird: Die sich vergrößernde Angriffsoberfläche und die zunehmend größere Bedrohung durch Cyberkriminelle oder andere Angreifer trifft Verbraucher und Unternehmen gleichermaßen.
Nachhaltigkeit ist ein weiteres, entscheidendes Thema. Die Schnittmenge dieser zwei gesellschaftlichen Großthemen gerät immer stärker in den Fokus: Umweltschutz, Klimafolgenanpassung, die Energiewende und die Dekarbonisierung der Gesellschaft stehen in Wechselwirkung zur Digitalisierung. Die neue Bundesregierung hat sich diesem Thema auch angenommen und priorisiert Digitalisierung nicht einfach nur der Digitalisierung willen.
Vielmehr soll digitale Technik immer auch sicher und nachhaltig sein. Kürzlich wurden zwei Studien publiziert, eine des Öko-Instituts e.V. und eine der Initiative D21, die sich in unterschiedlicher Weise mit dem Thema nachhaltige Digitalisierung beschäftigt haben. Ihre Ergebnisse unterstreichen die Auswirkungen der Pandemie auf die Digitalisierung – für das Klima aber auch in der Gesellschaft.
Homeoffice statt Pendeln
Das Öko-Institut e.V. hat die Auswirkungen des Homeoffice auf die Umwelt und die Mitarbeitenden untersucht – insbesondere, in welcher Weise mobiles Arbeiten zu weniger Schadstoffemissionen geführt hat. Das Ergebnis an dieser Front ist klar: Über 3,7 Mio. Tonnen Treibhausgase können durch Homeoffice eingespart werden. Dieser Effekt hat sich in der Corona-Pandemie schon teilweise einstellen können: Bis zu 70% der Arbeitnehmenden haben zumindest teilweise im Homeoffice gearbeitet. Dabei wurden im Jahr 2021 durchschnittlich 38 Mrd. Kilometer Pendel- und Arbeitsweg eingespart, was im Vergleich zu den im Jahr 2017 im Schnitt zurückgelegten 215 Mrd. Personenkilometern einen Rückgang von mehr als 17% ausmacht. 93% der Arbeitswege werden zudem im eigenen PKW zurückgelegt. Die Bilanz ist klar: Homeoffice (bzw. die als Nebeneffekt nicht zurückgelegten Pendelwege) ist gut für die Umwelt. Der Effekt stellt sich schnell ein: „Unsere Bilanz zeigt, dass unabhängig von der Wahl des Verkehrsmittels und bereits ab einem Tag Homeoffice pro Woche die Treibhausgasbilanz sinken kann“ – so Konstantin Kreye vom Öko-Institut e.V. zu dieser Studie.
Arbeitnehmende möchten die Möglichkeiten mobil zu arbeiten in klarer Mehrheit weiter wahrnehmen: Bis zu 93% der Beschäftigten würden im Homeoffice weiterarbeiten wollen, der größte Teil in einem Wechselmodell zwischen Büro und heimischem Arbeitsplatz.